Built Narratives. International Organizations, Media, and the Architecture of Development

Seminar History and Theory of Architecture (052-0852-24)

Zeit & Ort

Donnerstags 11:45–13:30, HIT J 53.

Jamaica - Self-Help Homes
“Jamaica – Self-Help Homes (French Audio)”, video produziert von der Filmabteilung der Agency for Public Information in Jamaika für die United Nations Habitat Conference von 1976 in Vancouver. https://www.youtube.com/watch?v=g7MD0-iBdpw

Internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen, UNESCO oder die Weltgesundheitsorganisation haben die gebaute Umwelt, den Diskurs über Architektur und Stadtplanung sowie die Ausbildung und Berufspraxis von Architekturschaffenden maßgeblich geprägt, insbesondere in den sogenannten „Entwicklungsländern“, in denen diese Organisationen verschiedene Formen der Unterstützung bereitstellen wollten.

In diesem Seminar werden wir den Einfluss einer Auswahl an internationalen Organisationen in Verbindung mit der Nutzung (und manchmal auch der freiwilligen oder unfreiwilligen Falschnutzung) von entwicklungspolitischen Medien von den 1950er bis in die 1990er Jahre untersuchen. Dazu gehören offizielle Deklarationen, Berichte, Korrespondenzen, Diagramme, Handbücher, Ausstellungen und Musterhäuser, wobei insbesondere die beiden letztgenannten Medien wiederum durch Fotos, Filme und Publikationen dokumentiert und verbreitet werden. Es zeigt sich, dass die Medien im Transfer zwischen den Zentralen der internationalen Organisationen und den Orten der „Missionen“ sowie im Einsatz vor Ort neu kontextualisiert, interpretiert und transformiert werden.

Die zentrale Frage des Seminars betrifft die gewollte und tatsächliche Zielgruppe:

  • Berichte, oft in trockener Sprache verfasst – wer liest diese eigentlich?
  • Musterhäuser – wer besucht sie? Die zukünftigen Bewohner:innen oder eher Entwicklungshilfeakteur:innen, Expert:innenen und Journalist:innen?
  • Filme, die auf internationalen Konferenzen gezeigt werden – wem wollen sie was vermitteln?

Ziel des Seminars ist es, die Generierung und auch Hinterfragung von entwicklungspolitischem Wissen durch und in der Mediennutzung internationaler Organisationen zu untersuchen. Dabei wollen wir verschiedene Strategien in den Blick nehmen, die von diesen Organisationen angewandt werden, um sowohl Einzelpersonen als auch Behörden auf das Projekt der Entwicklung, das immer wieder unterschiedlichen Interpretationen unterliegt, auszurichten.

Struktur des Seminars

Während des Seminars werden vorher ausgewählte historische Dokumente als entwicklungspolitische Medien pro Studierende:r untersucht. Einzelne Schritte bereiten die Hausarbeit vor: Zunächst wird der Inhalt und Kontext des Dokuments präsentiert, woran sich eine Diskussion über überzeugende und/oder kritische Aspekte des Dokuments anschließt. Der nächste Schritt besteht in der Erstellung eines Entwurfs für eine Einleitung, in der die Forschungsfrage geklärt und geprüft werden soll und die im Seminar ebenfalls diskutiert wird.

Die Abschlussarbeit besteht aus der überarbeiteten Einleitung, einer umfassenden Analyse im Hauptteil – unter Verwendung eines Mediums als Analyseinstrument – und einer Schlussfolgerung. Die Einbeziehung eines „Mediums als Analyseinstrument“ soll dazu beitragen, das historische Dokument über den Text hinaus zu analysieren. Dies kann verschiedene Formen annehmen, wie z. B. in Worthäufigkeitsdiagrammen, kommentierten Manual-Seiten, Zeichnungen, die eine Ausstellung rekonstruieren, oder Collagen von Filmstills.

Das Seminar befasst sich mit fünf Schwerpunktthemen, die jeweils zentrale entwicklungspolitische Medien darstellen:

  1. Berichte und Bulletins
  2. Manuals und Musterhäuser
  3. Ausstellungen und Filme
  4. Korrespondenzen
  5. Repräsentative Gebäude internationaler Organisationen

Die ersten drei Themen kombinieren aktuelle Forschungen mit der Untersuchung historischer Quellen. Die Sitzungen beginnen mit einer Diskussion über kurze Texte von Architekturhistorikerinnen, gefolgt von den Präsentationen der historischen Dokumente, die wir im Detail untersuchen werden.

Das vierte Thema umfasst eine Archivierungssitzung auf der Grundlage von Korrespondenz aus dem Archiv des International Council of Scientific Unions. In Gruppen üben wir den Umgang mit archivarischen Quellen, insbesondere mit Briefen. Diese Sitzung bietet die Gelegenheit, auf die Rolle von Archiven bei der Forschung zu internationalen Organisationen und deren Mediennutzung einzugehen.

Unsere Untersuchung geht über den typischen Blick auf entwicklungspolitische Medien hinaus und bezieht auch die Bauten internationaler Organisationen mit ein, wobei wir uns speziell auf die Schweiz konzentrieren. Genf als zentraler Sitz zahlreicher internationaler Organisationen ist ein Knotenpunkt, an dem sich Medien und repräsentative Architektur treffen. Eine Exkursion nach Genf wird es uns ermöglichen, die Hauptsitze internationaler Organisationen als Verkörperungen des Internationalismus kritisch zu analysieren und die Beziehung zwischen diesen architektonischen Repräsentationen und den architektonischen Prinzipien, die von den internationalen Organisationen in ihren Entwicklungsprojekten gefördert werden, zu untersuchen.

Das Seminar schließt mit einem Workshop zum wissenschaftlichen Schreiben ab. Die letzte Sitzung ist der Präsentation eines Teils der Abschlussarbeit gewidmet.

Semesterablauf

  1. 22.02.2024 | Einführung
  2. 29.02.2024 | Lektüresitzung zu Entwicklungspolitiken und Medien
  3. 07.03.2024 | Thema 1 – Berichte und Bulletins
  4. 14.03.2024 | Thema 2 – Manuals und Musterhäuser
  5. 28.03.2024 | Thema 3 – Ausstellungen und Filme
  6. 11.04.2024 | Diskussion der Einleitungsentwürfe
  7. 18.04.2024 | Thema 4 / Archivsitzung – Korrespondenzen
  8. Woche vom 22. bis 26.04.2024 | Thema 5 / Exkursion nach Genf – Repräsentative Gebäude internationaler Organisationen
  9. 02.05.2024 | Workshop wissenschaftliches Schreiben
  10. 16.05.2024 | Abschlusspräsentation