MAS GTA Öffentliche Vortragsreihe HS24: Der kollektive Massstab
Der MAS ETH GTA lädt herzlich zur diessemestrigen öffentlichen Vortragsreihe ein. Diese findet im Rahmen des Seminars 'Architektur und der kollektive Maßstab: Kritik, Utopie, Historiografie 1967–1977' statt.
Termine:
Freitag, 04. Oktober 2024, Dr. Laurent Stalder, Professor ETH Zürich. «Raster, Netzwerk, Register: Fritz Haller und die Totale Stadt»
Freitag, 08. November 2024, Dr. Marie Theresa Stauffer, Professorin, Université de Genève. «Architettura radicale: das kollektive Bild»
Freitag 15. November 2024, Markus Lüscher, Architekt, PARK ARCH, Zürich. «Die Kohlenlagerhalle im Zürcher Koch-Park - eine utopische Raumstruktur?»
Freitag 06. Dezember 2024, Dr. Stanislaus von Moos, Em. Professor Universität Zürich, Gründer Archithese. «Auf den Spuren der Utopie: Die Zeitschrift Archithese 1971-1976»
Dozent:
Dr. André Bideau
Hilfsassistent: Marlon Brownsword M.Sc.
Zeit: 16–17.15 Uhr
Ort: HIT H 42, ETH Hönggerberg
Zwischen 1967 und 1977 wurden entscheidende konzeptionelle und historiographische Beiträge zur Frage des kollektiven Massstabs in Architektur und Städtebau formuliert. Architekt:innen reagierten auf eine Kritik an ihrer Praxis, die sowohl von aussen als auch von innen kam. Im Paradigma des Kollektivs überlagern und vermengen sich gesellschaftliche Desiderate, architektonische Themen und eine Ikonografie der Utopie. Zum Tragen kommt dies damals in Entwürfen von Archizoom, Superstudio oder OMA, aber auch in Untersuchungen von Dolores Hayden sowie von Liselotte und Oswald Mathias Ungers, die in denselben Jahren das Territorium der USA nach den Spuren ‚utopischer‘ Kollektive absuchten. Dies waren in beiden Fällen religiöse und sozialistische Kommunen des 19. Jahrhunderts; doch sowohl Hayden als auch das Ehepaar Ungers standen zugleich im Bann der counterculture – radikaler Gruppen, die seit den sechziger Jahren die Beziehung zwischen Individuum, Gemeinschaft und Gesellschaft neu aushandelten. Im Kontext der zeitgenössischen ‚Krise‘ wurden auch utopische Narrative der architektonischen Moderne an den um 1967 neugegründeten Forschungsinstitutionen vergegenwärtigt (Institut GTA in Zürich, IGMA in Stuttgart, IAUV in Venedig, IAUS in New York). Die dortigen Debatten und Publikationen zeigen, welche Geschichtsschreibung und Theoriebildung Architekt:innen und ihnen nahestehende Historiker:innen betreiben und welche Erkenntnisse sie sich für ihre Gegenwart versprechen.
Um die Bandbreite an Ansätzen in unserem Untersuchungszeitraum begreifbar zu machen, arbeitet das Seminar mit unterschiedlichen disziplinären Perspektiven und Quellen. Nicht nur diskutieren wir Fragen der Historiografie, sondern auch die Beziehung zwischen Praxis, Theorie und Kritik. Es geht also weniger darum, die Vorbereitung der architektonischen Postmoderne, als die Reflexion und Ausweitung von Anliegen aufzuzeigen, die sich aus den Umwälzungen der späten Sechziger ergaben. Dafür müssen gerade auch die Zeitumstände berücksichtigt werden: Erst diese machen den Bedeutungsgehalt des kollektiven Massstabs in einem bestimmten historischen Moment verständlich.