Die Bornplatzsynagoge. Verhandlungen architektonischen Erbes am Beispiel der Debatte einer Synagogenrekonstruktion in Hamburg

Lisa Henicz, 2024

Vergrösserte Ansicht: Semmy Engel und Ernst Friedheim, Bornplatzsynagoge Hamburg, 1906 Foto: Verlag Knackstedt & Nähter, Fotograf unbekannt (SHMH, Museum für Hamburgische Geschichte, Inv.-Nr.:2008-1015)
Semmy Engel und Ernst Friedheim, Bornplatzsynagoge Hamburg, 1906 Foto: Verlag Knackstedt & Nähter, Fotograf unbekannt (SHMH, Museum für Hamburgische Geschichte, Inv.-Nr.:2008-1015)

1906 wurde die erste freistehende Synagoge Norddeutschlands am Hamburger Bornplatz im Herzen des damals überwiegend jüdischen Grindelviertels eingeweiht. Als einmaliges Symbol der jüdischen Kultur in der Hansestadt war die Synagoge mit 1.200 Plätzen von großer Bedeutung für die Gemeinde. Nur 32 Jahre später, in der Reichspogromnacht, wurde sie geschändet und konnte nicht mehr für Gottesdienste genutzt werden. Der Kaufvertrag von 1902 legte fest, dass das Grundstück an die Stadt rückzuverkaufen sei, sollte die Gemeinde es nicht mehr für die ursprünglich vorgesehene Nutzung brauchen. Diese Klausel ermöglichte es der NS-Verwaltung 1939, die Synagoge abzureißen und die Deutsch-Israelitische Gemeinde zu enteignen. Auf einem Teil des Geländes wurde ein Hochbunker gebaut – der Rest wurde bis in die 1980er Jahre als Parkplatz genutzt. 1988 wurde ein Bodenmosaik von Margit Kahl verlegt. Es projiziert Grundriss und Gewölbelinien der zerstörten Synagoge auf das Pflaster und der Platz wurde nach dem letzten Rabbiner der Synagoge benannt: Joseph Carlebach.
Seit 2019 wird ein möglicher Wiederaufbau der Synagoge am Joseph-Carlebach-Platz öffentlich diskutiert. An der hitzigen Debatte beteiligen sich neben der Jüdischen Gemeinde in Hamburg auch Politiker*innen, Wissenschaftler*innen und Holocaust-Überlebende. Während sowohl die Stadt als auch der Bund bereits ihre (finanzielle) Unterstützung zugesagt haben, befürchten gegnerische Stimmen den Verlust eines wichtigen Erinnerungsortes.
Meine Masterarbeit untersucht und vergleicht die Argumentationsketten der verschiedenen Positionen. Nach einer umfassenden Darstellung der Geschichte der jüdischen Gemeinden in Hamburg, des Synagogenbaus und des Standorts konzentriert sich die Arbeit auf die Analyse der Diskussion. Gegliedert in die drei Hauptkontroversen der Debatte – Restitution, Rekonstruktion und den Erinnerungsort – betrachte ich wie gesellschaftliche Verantwortung und kollektives Trauma in der heutigen Stadt verhandelt werden.