HS24: Architektur und der kollektive Massstab: Kritik, Utopie, Historiografie 1967-1977

Vergrösserte Ansicht: Bild: André Corboz: Überreste des US-Pavillons der Expo 67 in Montréal, 1976.
Bild: André Corboz: Überreste des US-Pavillons der Expo 67 in Montréal, 1976. © Iconoteca dell‘Accademia di architettura Mendrisio/USI.

Seminar: Architektur und Stadt I/III (056-0001/4-01)
Veranstalter: MAS GTA ETH
Dozent:
Dr. André Bideau
Hilfsassistent: Marlon Brownsword M.Sc.
Zeit: 14–17.30 Uhr
Ort: HIT H 42, ETH Hönggerberg

 



Zwischen 1967 und 1977 wurden entscheidende konzeptionelle und historiographische Beiträge zur Frage des kollektiven Massstabs in Architektur und Städtebau formuliert. Architekt:innen reagierten auf eine Kritik an ihrer Praxis, die sowohl von aussen als auch von innen kam. Im Paradigma des Kollektivs überlagern und vermengen sich gesellschaftliche Desiderate, architektonische Themen und eine Ikonografie der Utopie. Zum Tragen kommt dies damals in Entwürfen von Archizoom, Superstudio oder OMA, aber auch in Untersuchungen von Dolores Hayden sowie von Liselotte und Oswald Mathias Ungers, die in denselben Jahren das Territorium der USA nach den Spuren ‚utopischer‘ Kollektive absuchten. Dies waren in beiden Fällen religiöse und sozialistische Kommunen des 19. Jahrhunderts; doch sowohl Hayden als auch das Ehepaar Ungers standen zugleich im Bann der counterculture – radikaler Gruppen, die seit den sechziger Jahren die Beziehung zwischen Individuum, Gemeinschaft und Gesellschaft neu aushandelten. Im Kontext der zeitgenössischen ‚Krise‘ wurden auch utopische Narrative der architektonischen Moderne an den um 1967 neugegründeten Forschungsinstitutionen vergegenwärtigt (Institut GTA in Zürich, IGMA in Stuttgart, IAUV in Venedig, IAUS in New York). Die dortigen Debatten und Publikationen zeigen, welche Geschichtsschreibung und Theoriebildung Architekt:innen und ihnen nahestehende Historiker:innen betreiben und welche Erkenntnisse sie sich für ihre Gegenwart versprechen.

Um die Bandbreite an Ansätzen in unserem Untersuchungszeitraum begreifbar zu machen, arbeitet das Seminar mit unterschiedlichen disziplinären Perspektiven und Quellen. Nicht nur diskutieren wir Fragen der Historiografie, sondern auch die Beziehung zwischen Praxis, Theorie und Kritik. Es geht also weniger darum, die Vorbereitung der architektonischen Postmoderne, als die Reflexion und Ausweitung von Anliegen aufzuzeigen, die sich aus den Umwälzungen der späten Sechziger ergaben. Dafür müssen gerade auch die Zeitumstände berücksichtigt werden: Erst diese machen den Bedeutungsgehalt des kollektiven Massstabs in einem bestimmten historischen Moment verständlich.

Vergrösserte Ansicht: Seminarposter, Gastvorträge, Architektur und der kollektive Maßstab: Kritik, Utopie, Historiografie 1967-1977.
Seminarposter, Gastvorträge, Architektur und der kollektive Maßstab: Kritik, Utopie, Historiografie 1967-1977.
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