Forschung

«“As I have listened to Sophie von La Roche guiding her readers around some of the cities she visited herself, it has become apparent that … she relied … on an entangled model of discourses in which binary identities, and spheres, became shifting props and tools rather than oppressing patriarchal molds. … The window places her in between private and public, interior and exterior, and simultaneously enables her to see and be seen as well as listened to. Today, it is up to us to listen.”»
Anne Hultzsch, ‘The City “En Miniature:” Situating Sophie von La Roche in the Window’, Journal 18, no. 15 (Spring 2023): 13, https://www.journal18.org/6782.

Im Rahmen von WoWA (kurz für Women Writing Architecture 1700-1900) untersuchen wir die Erfahrungen und Reflektionen von Frauen im architektonischen und landschaftlichen Raum im 18. und 19. Jahrhundert. Wir konzentrieren uns dabei auf das deutsch- und englischsprachige Europa und die Südspitze Südamerikas. Während sich Architekturgeschichten oft auf männlich dominierte Entwurfs- und Produktionsprozesse beziehen, nehmen wir mit WoWA eine Umorientierung vor: Wir bringen die Beiträge von Frauen zur Architektur ans Licht, in dem wir ihre Praktiken des Schreibens, Übersetzens oder Redigierens von Texten in den Fokus setzen. Unsere Hypothese ist, dass architektonisches Handeln nicht nur durch den Entwurf ausgeübt wird, sondern auch durch die vielfältigen Arten und Weisen, in denen Orten durch Sprache Bedeutung zugeschrieben wird. Anstatt Architektinnen oder diejenigen, die Gebäude entwerfen zu suchen (selbstverständlich ist auch das ist ein wichtiges Unterfangen), erforschen wir Texte, die von Frauen geschrieben wurden wie zum Beispiel Reiseberichte, Handbücher, Geschichtsschreibung und Flugblätter, die gemeinhin nicht als Quellen für die Architekturgeschichte betrachtet werden. Unser Ziel ist es, sie in ihrer Gesamtheit zu untersuchen und sie als eine bedeutende Kraft anstelle einzelner Ausnahmen von der Regel innerhalb der Architekturgeschichte anzuerkennen. Wir zeigen, dass Frauen – wie andere marginalisierte Gruppen – nicht schweigen, wenn es darum geht, ihre gebaute Umwelt zu kritisieren, zu gestalten oder zu imaginieren. Wir vertreten den Standpunkt, dass diese Schriftstellerinnen über architektonische bzw. räumliche Handlungskraft (oder Agency) verfügten, und unser Ziel ist es, diese für andere Wissenschaftler sowie ein weiteres Publikum lesbar zu machen.

Dieses Projekt wird vom Europäischen Forschungsrat (ERC) im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms "Horizont 2020" der Europäischen Union gefördert (Finanzhilfevereinbarung Nr. 949525).

Laufende Aktualisierungen finden Sie auf der WoWA-Website und auf unseren Konten in den sozialen Medien: externe Seite Instagram und externe Seite Twitter.


Projekte

She Writes Architecture / Sie schreibt Architektur, c.1740-1848

PD Dr Anne Hultzsch
Project leader

She Writes Architecture umspannt die gesamte Geografie von WoWA und untersucht drei Genres: Reisebeschreibungen, Geschichtsschreibung und Ratgeberliteratur. Ziel des Projekts ist es, diese Texte als Raumkritik zu lesen und den Einfluss aufzuzeigen, den die Autorinnen auf räumliche Praktiken und Regeln (sowie das Brechen der letzteren) ausübten. Im Spannungsfeld des kolonialen Kontextes der Epoche verkompliziert das Projekt das Geschlecht und die Handlungskraft der Autorinnen mit Privilegien und/oder Diskriminierungen, die sie auf Grund ihrer Klassen- und Rassenzugehörigkeit besassen und erfuhren. Es stellt ihre Schriften dabei in den Mittelpunkt einer intersektionalen Architektur- und Kulturgeschichte.

Haywood, Eliza. The Female Spectator. Frontispiece. 1, 1744.
Haywood, Eliza. The Female Spectator. Frontispiece. 1, 1744. https://bridwell.omeka.net/exhibits/show/fiftywomen/british/haywood

Women Making Space in South America / Frauen machen Raum in Südamerika 1700-1900

Dr. Sol Pérez-Martínez
Postdoc-fellow

Women Making Space in South America 1700-1900 untersucht die Schriften von Frauen in Chile, Perú, Bolivien und Argentinien während des 18. und 19. Jahrhunderts. Das Projekt erforscht räumliche Praktiken von Autorinnen und ihre Beteiligung an der Gestaltung der gebauten Umwelt ihres Landes . Das Postdoc-Projekt macht die Handlungskraft von Frauen an drei verschiedenen städtischen Orten sichtbar: Strasse, Kloster und Schule. Dabei wird die These vertreten, dass Frauen in der späten Kolonialzeit und in der frühen republikanischen Zeit in Südamerika für sich und andere "Raum gemacht" haben.

Collage zur Hervorhebung von Frauen in einer Fotografie von Garreaud, Pedro Emilio. La Zamacueca. 1875
Collage zur Hervorhebung von Frauen in einer Fotografie von Garreaud, Pedro Emilio. La Zamacueca. 1875 1863. Photograph. A0007-000007.   Cultura Digital UDP.

Situating the Frauen-Zimmer: Women’s Writings on, in, and outside of the Architectural Interior, 1783-1876

Elena Rieger
Doctoral fellow

In dieser Dissertation werden die Schriften von fünf Autorinnen untersucht: Sophie von La Roche (1730-1807), Emilie von Berlepsch (1755-1830), Lucie Domeier (1767-1836), Louise Mühlbach (1814-1873) und Louise Otto-Peters (1819-1895). Das Projekt nutzt die räumliche Dimension, die der Begriff Frauenzimmer impliziert – ein im Raum präsenter Körper – als Ausgangspunkt für die Analyse der Schriften der Autorinnen und deren Auseinandersetzung mit der gebauten Umwelt. In dieser Dissertation wird argumentiert, dass situierte Architekturbeschreibungen von Frauen eine bereichernde Perspektive bieten und die vorherrschenden Narrative, die bestimmte Gruppen ausschlossen und marginalisierten, in Frage stellen.

Johann Michael Rüdiger, Frontispiece, Frauen-Zim[m]er-Bibliotheckgen [...], Güstrau 1705
Johann Michael Rüdiger, Frontispiece, Frauen-Zim[m]er-Bibliotheckgen [...], Güstrau 1705   Bibliotheckgen